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Lorentz Drache ist Pilot. Dass er eines Morgens unbekleidet von seinem Balkon fällt, gehört nicht in seinen Dienstplan. Dass er nicht von selbst gesprungen ist, versteht sich. Jemand hat ihn gestoßen. Nur: wer der lieben Mitmieter war es? Verkracht hat sich Lorentz jedenfalls mit jedem im Haus, zum Beispiel mit Katarina, die unter ihm wohnt und die er sich eigentlich für eine schnelle Nummer warm halten wollte, falls mal keine andere Frau zur Hand ist. Unter Katarina wohnt die Familie Löhlein. Doch was kann Lorentz dafür, dass sich der Familienvater bei "Wer wird Millionär?" zum Affen macht? Eigentlich gar nichts, und die netten Scherze, die sich Lorentz einfallen lässt, um ihn seine Schmach nicht vergessen zu lassen, sind doch eigentlich nicht der Rede wert.
Dann wäre da noch der Herr Riedel, wieder eine Etage tiefer. Des Nachts verkleidet sich der Herr als Dame und tritt in einem Club als Sängerin auf. Das dürfte lustig sein; doch da Lorentz in seiner feschen Uniform nicht nur Mitmieter, sondern auch Lustobjekt ist, gerät sein einmaliger Besuch bei der Show zu einem vollendeten Fiasko.
Dies sind nur drei Mietparteien. Weil Lorentz Drache im zwölften Stock wohnt, gibt es noch acht weitere, die mit ihm ein Hühnchen, in diesem Fall wohl einen Ikarus zu rupfen haben. Jedenfalls nähert sich der Asphalt unbarmherzig und damit das Ende des Schreckens. - Am Schluss, soviel sei verraten, kehrt sich doch noch alles zum Guten, naja, zum Halbguten. Lorentz überlebt. Nur das, was dann kommt, könnte ihn doch noch aus dem Fenster springen lassen. Und zwar freiwillig.
Schwarzer Humor ist eine feine Sache. Wird er in einen guten Plot gepackt und gut erzählt, ist er noch besser. Der Plot in diesem Buch stimmt und stimmt hervorragend, die Erzählweise dagegen nicht. Sie ist zu langatmig, auf der einen Seite, und fasst zuviel zusammen, auf der anderen Seite. Statt den Figuren Platz zu lassen, sich Beleidigungen und Quengeleien an den Kopf zu schmeißen, statt sie vor den Augen des Lesers perfide Intrigen spinnen zu lassen, lichtet der Autor rasch eine Szene nach der anderen ab, so dass man ganze Passagen fast wie Synopsen einer Geschichte lesen kann. Oft fehlt die wörtliche Rede. Damit gibt es aber weitestgehend auch keine Situationskomik. Und für den wirklich schwarzen Humor sind die Personen viel zu normal, viel zu wenig streitsüchtig und rachlustig. Mehr Mut, mehr szenisches Schreiben, das fehlt diesem Buch; das ist doppelt schade, denn die Dramaturgie im Großen und Ganzen ist furios.
Dieses Buch ist eine hübsche, etwas verwässerte Angelegenheit in Sachen Zynismus. Ich will es den Lesern nicht ans Herz legen. Doch wer es trotz einer schwachen Erzählweise mag, findet mein Verständnis.