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 Zu den Sternen fliegen

Gedichte der Romantik


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis


Die Romantik, laut dem Herausgeber des vorliegenden Gedichtbandes ein "europäisches Ereignis mit deutschen Epizentren wie Jena, Heidelberg und Berlin", ist dem Menschen des 21. Jahrhunderts relativ fremd. Zu viel Rauschen der Wälder, unverständliche Wanderlust - man kann doch motorisiert fahren, wenn es einen in die Ferne zieht -, zu verklärt die Liebe, zu viele Gedanken an Vergänglichkeit und Tod, von denen wir nichts wissen wollen.
Und so manchem wurde das Interesse an der Romantik durch ungeschickt durchgeführten Deutschunterricht verdorben.
Der von Rüdiger Görner herausgegebene Geschenkband enthält eine Sammlung von schönen und bedeutsamen Gedichten der Romantik und den Übergängen zu angrenzenden Stilrichtungen, die dem modernen Leser den Zugang zu dieser Epoche ermöglichen. Das eine oder andere Gedicht dürften die meisten von uns im Schulunterricht kennen gelernt haben, etwa Eichendorffs "Wünschelrute" und "Mondnacht", Uhlands "Die Kapelle" oder Ludwig Tiecks "Zeit". Andere wurden von berühmten Komponisten vertont und vor allem dadurch einem breiten Publikum bekannt, so zum Beispiel Wilhelm Müllers "Wanderschaft" ("Das Wandern ist des Müllers Lust"), Grillparzers "Notturno" (Vertonung von Schubert), Mörikes "Gesang Weylas", von Hugo Wolf vertont, Heines von Schumann in Musik verwandeltes Poem "Ich hab im Traum geweinet" und "Ich weiß nicht, was soll es bedeuten", sein von Friedrich Silcher in Noten gefasstes Loreley-Gedicht.
Doch das Bändchen enthält auch reichlich weniger bekannte Lyrik, mit der zu befassen es sich lohnt; hierzu gehören zwei Gedichte von Friedrich Theodor Vischer und eines von Karoline von Günderrode, die im Übrigen, abgesehen von Droste-Hülshoff, als einzige Dame auftritt.

Das apart aufgemachte Büchlein wird ausdrücklich als Geschenkbuch bezeichnet. Wem aber schenkt man Gedichte der Romantik? Ist diese Lyrik denn nicht spießig, schwülstig bis fade und abgedroschen?
Wer so denkt, sollte vielleicht mit dem klugen Nachwort des Herausgebers beginnen. Darin kann sich der Leser über den Protestcharakter der Romantik informieren, über den schmerzlichen Rückzug in eine der Wirklichkeit gleichberechtigt gegenüberstehende ästhetisch-melancholische Traumwelt angesichts des Unvermögens der realen Fürsten, angemessen auf die französische Revolution und deren Ideale zu reagieren. Man betrachtet die Romantiker mit anderen Augen, wenn man die Hintergründe ihrer Bewegung kennt.
Viele Gedichte jedoch rühren uns auch ohne Sachkenntnis zeitlos an, indem sie urmenschliche Gefühle und Gedanken in lautmalerische Worte und bewegtes Versmaß fassen. Eichendorffs "Mondnacht" gehört ganz sicher hierzu.

"Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküsst,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst." "…"

Es sind aber nun eben nicht nur das oben erwähnte Waldesrauschen, Lippen, die sich im Kuss finden, und üppig erblühende blaue Blumen, womit sich die romantische Lyrik befasst. Gelegentlich finden wir Humor und sogar beißende Ironie, etwa in E. T. A. Hoffmanns "Der Romantiker und der Rezensent". Und die Themen Alter und Tod werden von den Romantikern bisweilen mit einer geradezu schmerzhaften Tiefe behandelt.
Der Herausgeber hat den Band unterteilt nach verschiedenen Komplexen, deren Titel bereits einen recht guten Einblick in die Ideenwelt der Romantik bieten: "Einstimmung" (hierzu dient Eichendorffs "Zwielicht"), "Sehnsucht und Traum", "Naturgefühl und Wanderlust", "Klang- und Liebeszauber", "Lebenszeit und Alter", "Dämmerung und Tod" sowie, in Anlehnung an die Einstimmung, "Ausklang" - mit "Lebt wohl" von Annette von Droste-Hülshoff.
Nun kann eine Anthologie immer nur eine subjektive Auswahl bieten, und jeder Leser wird wie die Rezensentin manches Lieblingsgedicht vermissen. Zum Ausgleich präsentiert sich sicherlich die eine oder andere Neuentdeckung. Insgesamt wirkt die Auswahl sehr abwechslungsreich und gibt einen guten Überblick über das Spektrum romantischer Dichtkunst.
Der sympathische Band ist apart aufgemacht. Hat man sich erst einmal mit den Gedichten und den Autoren genauer befasst, möchte man ihn vermutlich gar nicht mehr als Geschenkbuch einsetzen. Sei’s drum, der günstige Preis lässt die Anschaffung eines weiteren Exemplars mit Sicherheit zu.

Regina Károlyi



Taschenbuch | Erschienen: 01. Mai 2008 | ISBN: 9783423136600 | Preis: 6,90 Euro | 191 Seiten | Sprache: Deutsch

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