Mariechen ist ein kleines Mädchen, das einfach alles isst, so scheint es. Auf 24 Seiten "frisst" sie Hasen, Schlangen, Ameisen und anderes Getier. Dazu werden Karotten serviert, die dann aber doch in der Mülltonne landen, gekocht oder roh wird gruselig gespeist, mit Senf und Mayo ... Oder wie wäre es denn mit getrockneten Fledermäusen? Oder eingelegten Fröschen, gebratenen Regenwürmern? Mariechen scheint es jedenfalls gut zu bekommen. Sie wächst und gedeiht und hat ihren Spaß. Doch am Ende findet sie zehn kugelrunde, total gesunde Erbsen auf ihrem Teller. Da wird sie doch prompt selbst ganz grün im Gesicht ...

Mit "Mariechen fraß ‘nen Hasen auf" ist dem Peter-Hammer-Verlag ein herrlich freches Kinderbuch gelungen. Einige Eltern werden nicht so begeistert sein, kommen doch den geliebten Sprösslingen Begriffe zu Ohren, die sonst auf dem Index stehen. Aber vielleicht hilft dies ja, den Kampf zwischen "bitte, ess’ jetzt dein Mittagessen auf" und "Nein, ich will aber nicht" ein bisschen aufzulösen, ihm eine lustige Note zu geben und trotzdem einiges bewusst zu machen. Die Reime sind sehr lustig, aber auch ein wenig derbe und respektlos. Ganz nebenbei lernt man auch noch bis zehn zählen.

Die Originalgeschichte ist bereits 1966 in den USA erschienen. Bill Grossmann, der sowohl als Computerfachmann auch als Kohlenschaufler, als Grundschullehrer und Tellerwäscher gearbeitet hat, kennt sich offensichtlich aus mit dem, was das Leben so zu bieten hat. Er besitzt eine Menge Witz, Humor und Erzähltalent. Seine Leidenschaft ist Sprache: Geschichten und Gedichte mit einem guten Rhythmus, in denen der Beat stimmt. Der Übersetzer Ebi Naumann versteht es hervorragend, diesen Beat in die deutsche Sprache zu übertragen.

Und auch die Illustrationen von Dorota Wünsch stehen dem Text in nichts nach. Ihr ist so ein richtig rotzfreches Mariechen gelungen, das vor nichts zurückschreckt und dem man alles zutraut. Auf den Bildern ist so Einiges los, da geht es in Bleistift und Buntstift gezeichnet drunter und drüber, da tanzen die Schlangen und Ratten und Fledermäuschen über Tisch und Stuhl.

Die Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien der GEW vergab für April 2008 den Lesepeter für dieses aktuelle Bilderbuch. Ansonsten gehört es aber wohl eher zur alternativen Kinderbuch-Literatur und Bilderbuch-Kultur.