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"Das Geheimnis um Edwin Drood" ist der letzte Roman, den Dickens vor seinem Tod begann und der leider unvollendet blieb. Seit Dickens Tod vor über hundert Jahren haben bereits viele versucht, den Roman zu Ende zu schreiben. Solch ein Versuch ist auch "Der Fall Edwin Drood".
Die Handlung von "Der Fall Edwin Drood" ist schnell berichtet: Eines Tages verschwindet ebendieser spurlos. Verdächtig ist vor allem Neville Landless, mit dem Drood zuvor einen handfesten Streit hatte. Zudem ist Neville für sein unbeherrschtes Temperament bekannt und dann auch in Droods Verlobte Rosa verliebt. Doch ist er wirklich der Mörder Droods oder hatte sich dieser abgesetzt, nachdem er kurz zuvor die Verlobung mit Rosa aufgelöst hatte?
Dabei wurde von Lutz Büge eine besondere Aufteilung gewählt: Die Rahmenhandlung präsentiert sich als das Protokoll eines Verhörs und wird immer mal zwischen den eigentlichen Roman eingeschoben. Der Roman selbst ist nicht in voller Länge abgedruckt. Die Handlung wurde gestrafft, Nebenlinien zusammengefasst oder weggelassen. Zwischendrin finden sich jedoch immer wieder Passagen, die aus dem echten Roman beziehungsweise der Übersetzung von Heike Steffen entnommen wurden. Diese sind dann in Kursivschrift gesetzt.
Hört sich das verwirrend an? Gut, denn es ist auch verwirrend für den Leser. Die Rahmenhandlung ist, gelinde gesagt, Schwachsinn. Da werden zwei Männer in einer Kneipe in eine andere Dimension, Zeit oder was auch immer versetzt und müssen dann den vermaledeiten Roman zu Ende schreiben. Diese Rahmenhandlung hat so überhaupt nichts mit dem Dickensschen Zeitalter zu tun und es passt gar nicht. Es verwirrt nur und man kann diese Stellen auch getrost überspringen: Mehr als dummes Geplänkel findet sich hier nicht. Am ehesten ist einem der vernehmende Inspektor noch sympathisch, der die Aussagen des werten Herrn G. Ablewhite genauso unsinnig empfindet wie der Leser.
Dann: Edwin Drood. Man möchte weinen angesichts dieser Verstümmelung. Wer Dickens mag, mag ihn aufgrund seiner Langatmigkeit, seiner Detailtreue. Gut, da mag einiges redundant sein, aber durch die Straffung und Kürzungen geht so viel von der Atmosphäre des Romans verloren, dass man da kaum noch das Original erkennt. Man hätte gerne mehr von den Originalszenen gesehen; diese sind aber nur Tropfen auf den heißen Stein. Der Roman verkommt zu einer Kurzfassung, zu einer Fassung, die wohl der heutigen Viva-und-MTV-Generation angemessen ist, der es zu viel wird, mehr als 200 Seiten lesen zu müssen. So wird der gesamte Roman auf nur 230 Seiten zusammengekürzt und davon gehen dann noch einmal einige für die Verhöre ab. Da blutet dem echten Dickens-Fan das Herz.
Zum Ende des Romans: Das kann man mögen, muss aber nicht. Die Erkenntnis, dass Edwin Drood schwul war, ist dem werten Leser schon seit mehreren hundert Seiten bewusst, aber die Art und Weise, wie die Auflösung daherkommt... Da fehlen dann die Worte. Es wird zwar versucht, den Stil Dickens zu emulieren, das gelingt aber mehr schlecht als recht. Zudem finden sich immer wieder Anmerkungen in Klammern des "Autors" Ablewhite, flapsige, unangebrachte Kommentare, die weder zur Geschichte noch zum Amüsement beitragen.
Dem Roman hätte mehr Ernsthaftigkeit gut getan. So weiß man nicht, was man davon halten soll. Es ist keine Parodie, trotz der Anmerkungen, es ist auch nicht lustig, und zum Teil kommt die Handlung dröge daher, dröge und unpassend. Für den echten Dickens-Fan wird dies keine Bereicherung sein und wer den eigentlichen Roman nicht kennt, der braucht dieses Ende auch nicht.