Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Ton | |
Pater Romuald erzählt einem jungen Mönch, wie er einst den Versuchungen der Liebe erlegen ist, als er selbst ein junger Priester war:
Schon bei der Weihezeremonie erblickt er jene Frau, die sein Leben von Stunde an verändern soll. Kurz nachdem er sein neues Amt als Priester angetreten hat, wird er zu einer sterbenden Edelfrau gerufen, welcher er die letzte Ölung geben soll. Als er an das Lager der Todgeweihten tritt, kommt er jedoch zu spät. Clarimonde ist tot. Aber Romualds Schrecken ist weitaus größer, als er erkennt, wer auf dem Bett liegt: Es ist die Frau, in die er sich bei der Priesterweihe auf den ersten Blick unsterblich verliebte. Als er die kalten Lippen Clarimondes küsst, erwacht die Tote zu neuem vampirischem Leben ...
"Die liebende Tote" oder auch "Die tote Geliebte" des Schriftstellers Théophile Gautier ist eine der besten und eindringlichsten Vampirerzählungen des neunzehnten Jahrhunderts und hat bis heute nichts von ihrem Reiz verloren. Wenn man heute die Geschichte liest, fällt bereits auf, wie weltoffen und modern Gautier seine Zeilen zu Papier brachte. Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein junger Priester, der den Verlockungen der Liebe erlegen ist und dessen männliche Triebe keineswegs totgeschwiegen werden. In dieser Geschichte wird die vampirische Erotik erstmals in den Vordergrund gerückt; sie beeinflusste später die Autoren Le Fanu und Stoker beim Verfassen ihrer Meistererzählungen "Carmilla" und "Dracula". Dabei ist Clarimonde keineswegs die durch und durch böse Blutsaugerin, sondern liebt Romuald leidenschaftlich und aufrichtig, zapft ihm nie so viel Blut ab, dass es ihm schaden könnte. Fragwürdiger ist dagegen Romualds Mentor Abbé Serapion, der fanatisch den Leichnam der Untoten sucht, um ihn endgültig zu vernichten. Wenn sich das Gesicht des älteren Geistlichen beim Öffnen des Grabes zu einer dämonischen Fratze verzerrt, stellt sich beinahe automatisch die Frage, wer nun das wahre Monster ist. Dargestellt wird Serapion von Christian Rode, eine Rolle, die der Hörspiel-Veteran mit Bravour meistert. Kaspar Eichel spielt den in die Jahre gekommenen Romuald, der die Geschichte seiner Jugendsünde erzählt. Der junge Priester wird von Julien Haggége gesprochen, der zuletzt Justin Long in "Stirb langsam 4.0" synchronisierte. Haggége ist eine junge, unverbrauchte Stimme im Ensemble von Titania Medien und spielt den jungen Romuald sehr überzeugend. Die weibliche Hauptdarstellerin Clarimonde wird von Sabine Arnhold gesprochen, welche die Sinnlichkeit der Figur genau richtig verkörpert.
Marc Gruppe hat die Erzählung detail- und werkgetreu in ein spannendes Hörspielskript verwandelt. Gemeinsam mit der dramatischen und mitreißenden Musik ist "Die liebende Tote" ein weiterer Meilenstein in der Erfolgsgeschichte von Titania Medien. Selten wurde die Tragik und Erotik einer Geschichte treffender auf einem Booklet wiedergegeben. Die Illustrationen von Firuz Askin sind schlicht genial und gehen in den relativ kleinen CD-Hüllen fast unter.
Fazit:
Ein Meisterwerk der gotischen Schauergeschichte des neunzehnten Jahrhunderts wurde hier von Titania Medien meisterhaft vertont: äußerst werkgetreu und mit viel Liebe zum Detail, dabei von einer mitreißenden Musik untermalt.