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Nach kurzer Abwesenheit ist sie zurück, die Frau mit dem bissigen Sarkasmus und dem noch bissigeren Vampir, der in ihr steckt - Jeanne C. Steins Anna Strong startet in "Lockruf des Blutes" in ihren zweiten Vampirthriller. Kann der Nachfolger des überzeugenden Reihenauftakts
"Verführung der Nacht" die Serie um die zum Vampir gewordene Kopfgeldjägerin auf dem literarischen Markt etablieren?
Drei Monate sind vergangen, seit Anna Strong zum Vampir wurde und sogleich ihr erstes gefährliches Abenteuer als Unsterbliche bestehen musste. Sie ist zu ihrem Job als Kopfgeldjägerin zurückgekehrt und gewöhnt sich so langsam an ihr verändertes Leben. Eines Abends kommt die Ex-Freundin ihres verstorbenen Bruders Steve zur Tür hereingeschneit - und eröffnet der ganzen Familie, dass sie eine 14-jährige Tochter von Steve hat, die nun anscheinend in Schwierigkeiten steckt. Noch im emotionalen Aufruhr, den diese Offenbarung in ihr auslöst, macht sich Anna auf die Suche nach der verschwundenen Tochter namens Trish - und stößt auf ein widerwärtiges kriminelles Geflecht, dessen Opfer ihre angebliche Nichte geworden sein könnte. Auch ein Lehrer von Trish, Daniel Frey, scheint in die Sache verwickelt zu sein, und Anna ist fest entschlossen, den Herrn auf Vampirmanier zum Reden zu bringen. Doch in Annas Welt ist nichts wie es scheint - und als sie erfährt, wer oder was Frey ist, geht die Jagd auf die perversen Verbrecher erst richtig los
Der erste Teil einer Serie ist immer bis zu einem gewissen Grad ein Test, der nicht wirklich als Maßstab dienen kann - zumal "Verführung der Nacht" Jeanne C. Steins Debütroman war. Erst der Nachfolger kann beweisen, ob eine Reihe das Zeug hat, auf dem Markt zu bestehen - und das hat "Lockruf des Blutes" in qualitativer Hinsicht auf jeden Fall. Wer den Vorgänger mochte, wird sich in diesem zweiten Teil gleich wie zuhause fühlen: Die altbekannten Charaktere, allen voran natürlich Anna, sind wieder mit von der Partie, jedoch sind die Nebenfiguren David, Annas Partner, und Max, ihr Langzeitfreund, bei Weitem nicht so präsent wie noch im ersten Roman. Auch an Steins Stil hat sich nicht viel geändert; sie schreibt ihrer Protagonistin weiterhin die toughe Weiblichkeit und die herrlich sarkastischen Sprüche auf den Leib, von denen "Verführung der Nacht" über weite Strecken lebte. Alles wie gehabt also? Nicht ganz. Stein, das muss bei aller Sympathie für Anna Strong gesagt sein, läuft in "Lockruf des Blutes" noch deutlicher Gefahr, in die alte Klischeefalle zu tappen. Auch wenn sie mit ironischen Kommentaren versucht, manche allzu althergebrachten Binsenweisheiten über Vampire zu relativieren, gelingt ihr dies nicht in allen Fällen. Dieser Hang zum schon mal Dagewesenen kann als Verneigung vor den Klassikern verstanden, aber umgekehrt auch als Einfallslosigkeit gedeutet werden. Glücklicherweise hat der zweite "Vampirthriller" jedoch auch eindeutige Stärken, die jene Schwäche spielend ausgleichen. "Lockruf des Blutes" ist sehr spannend und vor allem mitreißend, was vielleicht auch ein wenig dem brisanten Thema, an das sich die Autorin heranwagt, zu verdanken ist. Auch Annas Seelenleben und ihrer inneren Zerrissenheit wird mehr Raum gegeben, sodass man wirklich mitfühlt und dank der wieder gut umgesetzten Ich-Perspektive auch alles miterlebt. Die Lesezeit vergeht entsprechend wie im Flug, und ehe man sich versieht, ist der Roman leider zu Ende - so unerhört flüssig und packend sind wenige vergleichbare Bücher geschrieben. Alles in allem ist Anna Strongs neues Abenteuer also zwar gelegentlich zu sehr dem Altbekannten verhaftet, die meiste Zeit über aber höchst spannend und sehr unterhaltsam.
Fazit: Ein schön bissiger Vampirroman für Freunde der untoten Blutsauger - und eine gute Fortsetzung, die Lust auf "Dunkle Küsse", den nächsten Teil, macht.