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Arthur Schnitzler zählt ohne Zweifel zu den bedeutendsten Schriftstellern der Österreichischen Literatur um 1900; am bekanntesten ist wohl seine "Traumnovelle", die 1999 von Stanley Kubrick unter dem Titel "Eyes Wide Shut" und mit Tom Cruise und Nicole Kidman in den Hauptrollen verfilmt wurde. Im Rahmen seiner Literatur-Reihe veröffentlichte der Stimmbuch-Verlag im Februar 2008 nun eine inszenierte Lesung zu Schnitzlers Kurzgeschichte "Die Weissagung".
Mit einem Schreiben, in dem der Freiherr von Schotteneck einen namenlosen Erzähler dazu einlädt, der Uraufführung eines von ihm - dem Erzähler - verfassten Bühnenstückes beizuwohnen, beginnt eine unglaubliche Geschichte: Denn Herr von Umprecht, der die Hauptrolle in ebendiesem Schauspiel übernehmen soll, berichtet dem Erzähler von einer Begegnung mit einem Wahrsager, die exakt zehn Jahre zuvor stattgefunden hat. Innerhalb dieser Weissagung offenbarte sich Herrn von Umprecht ein beängstigendes Bild: Er in zehn Jahren tot auf einer Bahre, um ihn zwei trauernde Kinder und eine weinende Frau. Das Erstaunlichste daran: Das aufzuführende Stück endet mit genau dieser Szene. War das die Situation, die Herrn von Umprecht geweissagt wurde? Oder hält das Schicksal noch eine unangenehme Überraschung bereit?
"Die Weissagung" mag vielleicht nicht sonderlich aufregend oder vorantreibend konstruiert sein, spannend ist die Erzählung aber aufgrund ihres Handlungsverlaufs trotzdem, will man als Hörer doch wissen, wie Prophezeiung und Realität denn nun schlussendlich in Verbindung zu- und miteinander stehen. Dabei fehlt es dem vorliegenden Hörbuch allerdings leider an Scharfsinn und Raffinesse, was besonders im Vergleich mit Oscar Wildes rund zehn Jahre früher veröffentlichten Erzählung
"Lord Arthur Saviles Verbrechen" deutlich wird, die von einer sehr ähnlichen Situation ausgeht und ebenfalls im Stimmbuch-Verlag als inszenierte Lesung erschienen ist. Die Charakterzeichnung der beiden Ich-Erzähler, deren Geschichten abwechselnd geschildert werden und teilweise deutlich ineinander greifen, erweist sich dagegen als überaus gelungen und eröffnet ein vielschichtiges und tiefgehendes Bild nicht nur der handelnden Figuren, sondern auch der Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts, an dessen Analyse Siegmund Freud seine wahre Freude gehabt hätte.
Sprecher Josef Tratnik versteht es, "Die Weissagung" mit seiner Stimme sehr ansprechend zu gestalten. Obwohl ihm das über einen Großteil der Produktion hinweg wunderbar gelingt, hat sein Vortrag eine große Schwäche: Die beiden Ich-Erzähler klingen genau gleich, wodurch der Übergang zwischen den verschiedenen Erzählebenen nicht immer sofort deutlich wird, sondern nur durch konzentriertes Zuhören herausgefiltert werden kann. Begleitet wird die Lesung ganz wunderbar von passender Musikuntermalung sowie einer facettenreichen Geräuschkulisse.
Fazit:
Dem Stimmbuch-Verlag ist eine ansprechende Umsetzung eines hörenswerten Stücks Literatur gelungen, die jedoch mit kleineren Schwächen in puncto Raffinesse und Vortrag zu kämpfen hat.