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Bereits zum wiederholten Male wurde dieses umfassende Standardwerk von Liliane und Fred Funcken neu aufgelegt. Das reich bebilderte Werk betrachtet einen langen Zeitraum, der fast das gesamte europäische Mittelalter und die Jugend der Neuzeit abdeckt.
Die Enzyklopädie "Historische Waffen und Rüstungen" ist in zwei Abschnitte geteilt. Der erste Abschnitt befasst sich mit verschiedenen Aspekten des feudalen Kriegswesens vom achten bis zum fünfzehnten Jahrhundert, unter anderem der Rüstung, der Bewaffnung, den Burgen und Kriegsgeräten sowie den Lebensumständen des Rittertums mit seinen Sitten, der sich entwickelnden Heraldik und dem Turnier.
Der zweite Teil geht näher auf die kriegerische Ausrüstung im späteren Mittelalter und in der Renaissance ein, wenn es allerdings um wichtige Ausrüstungsgegenstände wie das Schwert oder auch das Pferdegeschirr geht, ziehen die Autoren Vergleiche zu früheren Zeitaltern heran, um die Entwicklung dieser Gegenstände vom Hochmittelalter bis zum Beginn des siebzehnten Jahrhunderts darzustellen.
"Historische Waffen und Rüstungen" bietet all jenen Lesern, die sich für das Mittelalter, die Waffenkunde und die Militärgeschichte interessieren, einen interessanten Überblick zu diesem Themenkomplex. Das Werk richtet sich an Leser aller Altersgruppen und ist dementsprechend leicht verständlich und ohne besonderes Vorwissen gut lesbar. Anhand hunderter Illustrationen könnte man sich ein wunderbares Bild von Waffen, Burgen und Rüstungen machen - zumindest, wenn man wüsste, dass dieses Bild historisch korrekt ist. Leider ist dies jedoch nicht immer der Fall. Die Autoren selbst raten im Vorwort dazu, sich weiterführender wissenschaftlicher Werke zu bedienen, denn so anschaulich und verständlich das Buch der Funckens auch ist, einen wissenschaftlichen Wert kann man ihm leider nicht zusprechen.
Zum einen fehlen nur allzu häufig die Quellennachweise. Lediglich in ein paar Absätzen zählen die Autoren einige bekannte Enzyklopädien auf, die sie studiert haben, darunter jene von Violet-le-Duc oder Sir Samuel Rush Meydick. Diese waren jedoch bereits zu der Zeit, als dieses Buch zum ersten Mal erschien, nicht mehr auf dem neuesten Stand der Wissenschaft und die veralteten Quellen merkt man der Enzyklopädie auch an mehreren Stellen an. Oft sind Beschreibungen unpräzise gehalten, manchmal schlichtweg falsch.
Weiterhin schreiben die Autoren von zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen, die sie besucht haben, um ihre Zeichnungen anzufertigen. Dabei wäre es für den Leser sicher interessant gewesen, wenn statt der vielen farbigen Illustrationen auch einige Fotos von erhaltenen Waffen, Rüstungen oder dergleichen präsentiert worden wären.
Neben den überholten Erkenntnissen stellen die Autoren auch oft eigene Spekulationen zu den verschiedensten Themen an. Da sie diese jedoch nicht als allgemeingültig und richtig darstellen, sondern immer darauf hinweisen, dass es sich um selbst erarbeitete Theorien handelt, wird der Leser dazu angeregt, sich näher mit dem Thema auseinanderzusetzen und die Informationen zu verifizieren.
Negativ fällt jedoch auch die Zentrierung dieses "Standardwerkes" auf. So werden englische, französische und auch deutsche Truppen sehr genau behandelt, während einige andere europäische Völker völlig weggelassen werden und den "Slawen und Orientalen", dazu zählen hier die Chinesen, Japaner und Türken, die wenigen letzten Seiten des Buches eingeräumt werden. Dies hätte man sich jedoch lieber sparen sollen. Die Informationen sind viel zu komprimiert dargestellt, strotzen vor Verallgemeinerungen, sind schlecht recherchiert und scheinen von einer eher negativen und abwertenden Sichtweise der Autoren geprägt zu sein.
Trotz aller Kritikpunkte kann man dem Werk seinen durchaus vorhandenen Informationsgehalt und, dank mehr als hundert illustrierter Tafeln, seine Anschaulichkeit nicht absprechen. Wer sich ernsthaft und auf wissenschaftlicher Basis mit dem Thema beschäftigen möchte, sollte zu einem anderen Buch greifen. Laien und Interessierten sei diese Enzyklopädie jedoch empfohlen, die vor allem auch durch ihre gute Aufmachung und den geringen Preis überzeugt.