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In Kiew, der Stadt der Hexen, treffen drei vollkommen unterschiedliche Frauen aufeinander. Die schüchterne und etwas weltfremde Geschichtsstudentin Mascha, die in ihren Büchern lebt und keine Freunde hat, wird von ihrer Mutter zum "Zentrum für Altkiewer Hexenkunst" geschickt, um sich den Jungfernkranz abnehmen zu lassen. Dascha, eine sehr extrovertierte und flippige Nachtclubsängerin, sucht ebenfalls dieses Zentrum auf - sie hat eine Wette abgeschlossen, nach der sie einen schwulen Tänzer aus ihrem Club verführen soll, und will nun einen Liebestrank erwerben. Die dritte der Frauen ist Katja, eine bodenständige Karrierefrau. Auch sie sucht das Zentrum für Hexenkunst auf, als sie auf dem Werbeplakat liest, dass dieses Unbesiegbarkeitstränke verkauft.
Und so treffen die drei Frauen schließlich aufeinander, obwohl es alles andere als ein freundliches Treffen ist. Im Gegenteil: Bei einem Streit darüber, wer als erste bei der Hexe Kyllina Rat einholen darf, geraten Dascha und Katja in eine Prügelei. Schließlich stürzen beide in das Zimmer der Hexe und ziehen die hilflose Mascha gleich mit hinein. Was sie in diesem Zimmer erblicken, lässt sie jedoch innehalten und jeglichen Streit vergessen. Die drei Frauen werden Zeugen des mysteriösen Todes der Hexe, die sich unter Schmerzen windet und deren Körper sich verformt, als sei sie besessen. Panisch ergreifen die Frauen die Flucht.
Was sie nicht wissen, ist, dass Kyllina ihnen ihre Macht übertragen und sie somit ebenfalls zu Hexen, oder besser gesagt "Kiewizen", gemacht hat. So sind sie ziemlich überrascht, als sie sich mitten in der Nacht und gegen ihren Willen auf dem Kahlen Berg wiederfinden, wo ein seltsames Buch vom Himmel fällt und ein Geist vor ihnen erscheint. Während Mascha hofft, all die phantastischen Geschichten aus ihren Büchern wären wahr geworden, und Dascha dies alles für ein lustiges Spiel hält, wird Katja panisch und zornig, da sie sich fragt, was für ein Spiel mit ihr getrieben wird.
Erst nach einigen seltsamen Geschehnissen - wie sprechenden Katzen oder dem Ritt auf einem Besen - wird ihnen klar, was sie sind.
Doch das Leben als Kiewiza ist nicht leicht, vor allem, wenn eine dunkle Macht ganz Kiew bedroht. Nun müssen die ungleichen Frauen zusammenhalten, um ihre Stadt zu schützen.
Lada Lusina ist hier ein Roman gelungen, der die Atmosphäre Kiews perfekt einfängt und mit viel Charme und Magie anreichert. Für einige Stunden taucht der Leser in diese Stadt ein und mehr noch als um das Wohl der Protagonistinnen sorgt man sich um das Schicksal der Stadt. Dies hat allerdings noch einen anderen Grund: Mascha, Dascha und Katja sind stark überzeichnete Charaktere, deren Eigenheiten zu Beginn der Lektüre noch sympathisch sind, aber mit jeder Seite die Nerven des Lesers ein wenig mehr strapazieren. Sie machen zwar Entwicklungen durch, gewinnen aber kaum an Tiefe oder Glaubwürdigkeit.
Positiv anrechnen muss man der Autorin jedoch, dass sie mittels der chaotischen Frauen eine Menge Humor transportiert. Besonders die erste Hälfte des Buches überzeugt durch seine amüsanten Einfälle und einen kurzweiligen Stil, der fast schon über einen frechen Unterton verfügt. Danach setzt Lusina eher auf Spannung, jedoch gelingt ihr die Umsetzung ebenjener nicht immer. Unzählige Rätsel hat sie in dieses Buch eingeflochten und wenn die Lösung eines dieser Rätsel drei neue aufwirft oder sich mehrmals als falsch erweist, dann verliert der Leser irgendwann den Überblick und den Spaß an der Lektüre. Zudem gibt es auch zu viele Stellen, die für den Handlungsfortgang nicht relevant sind, und das zu Beginn des Buches rasche Erzähltempo wird so stark gedämpft.
In nahezu jedem Kapitel verweist Lusina auf berühmte osteuropäische Autoren, wie Michail Bulgakow oder Nikolaj Gogol. Sie selbst hat mit "Die Hexen von Kiew" leider kein Meisterwerk vollbracht, das dieser Autoren würdig wäre, dennoch ist es ungemein spannend, wie viel sie dem Leser indirekt über die Geschichte Kiews, über russische Literatur und die Tradition von Hexen in Kiew beibringt. Bei all den Anspielungen und Personen- und Ortsnamen, die die Autorin verwendet, ist das Glossar, das sich am Ende des Romans befindet, sehr hilfreich. Außerdem beinhaltet das Buch auch eine Karte von Kiew, die es dem Leser leichter macht, die Stadt zu visualisieren.
Lada Lusina hat einen unterhaltsamen Roman geschaffen, der zwar noch einige Schwächen aufweist, insgesamt aber überzeugend ist. Vor allem aber macht er Lust auf mehr. Wer "Die Hexen von Kiew" gelesen hat, wird sich nicht nur wünschen, die zauberhafte Stadt mit eigenen Augen zu sehen, sondern auch die großen russischen Schriftsteller zu lesen und eventuell auch mehr von den Nachwuchstalenten aus Osteuropa kennenzulernen.