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Eddie wacht auf und findet sich mitten im Death Valley wieder, unter der glühenden Sonne Kaliforniens. In einer der heißesten Regionen der USA hat er nur einen Kompass dabei und ein Funkgerät, durch das Jimmy zu ihm spricht. Wer Jimmy ist, das weiß er nicht, und warum er immer nach Norden gehen soll, wird ihm auch nicht verraten. Aber Jimmy hat ein Scharfschützengewehr und will Eddie töten, wenn der nicht gehorcht.
Jimmy folgt ihm mit seinem Geländewagen, beobachtet Eddie und spielt mit ihm, stellt ihm Flaschen in den Weg, die aber entweder ungenießbares Wasser beinhalten oder solches, das mit Schlafmittel versetzt ist. Immer wieder schläft Eddie ein. Einmal wacht er auf und sieht sich nackt an einen großen Kaktus gekettet, ein anderes Mal wurde er bis zum Kinn im trockenen Wüstenboden eingegraben und muss einen ganzen Tag lang die heiße Sonne auf seinem Kopf spüren. Er halluziniert, trocknet körperlich und seelisch aus, wodurch seine niedersten Instinkte ans Tageslicht kommen. Aber Jimmy hat scheinbar immer noch nicht genug. Dann bekommt sein Opfer unerwartet Hilfe ...
Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Brett A. Hart hat mit "Bone dry" einen ultraharten Rache-Thriller geschaffen, der in einigen Szenen schon hart an das Torture-porn-Genre grenzt. Die Freude am Leid anderer wird hier durchaus thematisiert, denn Jimmy alias Lance Henriksen hat sein Opfer immer im Blick. Allerdings lässt sich der Film nicht so ohne Weiteres in dieses Genre schieben, weil es kein Horror- oder gar Splatter-Film ist. Zudem empfindet Jimmy keine Freude oder Genugtuung, sondern beobachtet leidenschaftslos, wie ein Tierforscher das Verhalten von Tieren beobachtet. Und Eddie in der Wüste einzubuddeln bedeutet für diesen zwar eine Menge Leid, ermöglicht dem Rächer aber einfach ein paar Stunden Schlaf. Henriksen, längst ein alter Hase im Filmgeschäft, gibt seiner Rolle ein berechnendes, überlegenes Moment, lässt seine Figur nicht hasserfüllt, sondern praktisch orientiert handeln und gibt ihm vor allem in der zweiten Hälfte des Films eine durchaus menschliche Note.
Luke Goss, ein noch junges Gesicht in Hollywood mit Rollen unter anderem in "Hellboy 2" und "Blade 2", setzt eine Figur dagegen, die anfangs als ganz normaler Mensch daher kommt. Er weiß genauso wenig wie der Zuschauer, warum Jimmy ihm all das antut, und Goss schafft es, Leid und Verzweiflung seiner Figur so lebensecht zu transportieren, dass man als Zuschauer nicht anders kann, als mit ihm zu leiden. Genauso überzeugend gelingt ihm aber auch die Verwandlung in die Bestie, die anfängt, sich zu wehren, und dabei zwischen Freund und Feind nicht mehr zu unterscheiden vermag.
Intensives Spiel wird von beiden Seiten geboten und der Zuschauer merkt irgendwann, dass er nicht mehr uneingeschränkt mit Eddie fiebern, aber genauso wenig einfach die Sympathien auf Jimmy umverteilen kann. Das Psycho-Duell zwischen beiden Figuren kommt von dem Augenblick an, da Eddie aus seiner Opferrolle ausbricht, erst richtig in Fahrt und bietet einen stetigen Spannungsbogen bis zum Finale, das sehr packend inszeniert ist, auch wenn die Auflösung des Ganzen ein wenig abgegriffen ist. Besonders hier kommt der Filmmusik von Scott Glasgow eine sehr wichtige Funktion zu und die erfüllt der noch weitgehend unbekannte Komponist glänzend. Insgesamt ist seine Musik gut angepasst, mal beklemmend, mal tragisch und mal hektisch und rhythmisch, eine gute Wahl.
Die Inszenierung ist hervorragend gelungen, was umso mehr erstaunt, weil "Bone dry" Harts erster größerer Film ist und man mit einem Minimum an Budget auskommen musste. Gedreht wurde an Originalschauplätzen, so dass man die flimmernde Hitze der trockenen Region in Kalifornien sehr gut nachvollziehen kann, auf digitale Effekte wurde weitgehend verzichtet, hier ist alles original staubig und trist, sogar der Sandsturm, in dem eine Szene spielt, ist echt. Die Kameraarbeit ist gelungen, zeigt immer viel von der weiten Einöde, schafft gute Lichteffekte und setzt Henriksen über die Hälfte des Films nur als gesichtslosen Unbekannten in Szene, ehe man sein Gesicht nach einer langsamen Kamerafahrt endlich komplett sieht. Es gibt mehrere lange Einstellungen, in denen man Goss? verzweifelte Mimik studieren und mit ihm fühlen kann, hier hat der Film keine Eile.
An Extras bietet die DVD von Ascot Elite ein Making of, das kommentarlos mit der Handkamera den Dreh einiger Szenen zeigt und verzichtbar ist, weiterhin eine herausgeschnittene Szene, um die es zwar schade ist, die aber auch ein wenig fehl am Platz wirken würde an der eigentlich geplanten Stelle und die auch inhaltlich nicht ganz stimmig wäre. Außerdem gibt es Trailer zu diesem und zu anderen Filmen - ausnahmslos Horror und billiger Splatter - sowie einen "Pitch Trailer", der den Handlungsverlauf des Films mit anderen Darstellern umreißt und deshalb nicht vor dem Hauptfilm gesehen werden sollte. Und dann gibt es noch den Audiokommentar zum Film mit Regisseur Hart und Lance Henriksen. Nun gibt es in der Welt der Audiokommentare drei Formen: Den informativen, der jede Szene erklärt, dann den unterhaltsamen, in dem Crewmitglieder zu jeder Szene einen lustigen Spruch bringen, und den dritten, in dem Crewmitglieder den Film sehen und immer wieder ausdrücken, wie toll einzelne Szenen oder der gesamte Film doch gelungen sind. Hier ist es letzterer und das ist ein wenig schade, denn oft sagen die beiden gar nichts und immer wieder muss der Regisseur seinen Darsteller zum Kommentar bewegen. Über den Film erfährt man nicht sonderlich viel, dafür aber, welche Szenen Henriksen besonders toll fand.
"Bone dry - Bis auf die Knochen" ist ein harter Independent-Thriller, der zurecht keine Jugendfreigabe erhalten hat, aber nicht nur Tortur und Action zeigt, sondern auch gut durchdachte Charaktere und Handlungsabläufe sowie viel Atmosphäre und Eindringlichkeit. Die beiden Hauptdarsteller tragen den Film gemeinsam und liefern gute Arbeit ab. Krasse Kost vor grandioser Kulisse in einer bedachtsamen Inszenierung, mal ruhig und mal schnell, ein ungewöhnlicher Thriller, der durchaus sehenswert und für Fans von Henriksen ohnehin Pflichtprogramm ist.