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Kirsten Bertram weiß, dass ihr Freund Andreas Rönn, wie sie Journalist bei der "Dresdner Zeitung", seine Familie aufrichtig hasst. Sein Großvater hat in seiner Fabrik Zwangsarbeiter beschäftigt, die Uniformen für KZ-Häftlinge herstellen mussten, und so ein Vermögen aufgebaut, mit dem Andreas? Vater und Bruder Frank, beide selbst Unternehmer, behaglich leben.
Doch Kirsten hat nicht damit gerechnet, dass Andreas so aggressiv reagieren würde, als eines Tages Frank vor der Tür steht und berichtet, er steige gerade in Dresden in Immobiliengeschäfte ein. Mehrere Altbauten will er in einem heruntergekommenen Viertel sanieren und die Wohnungen teuer verkaufen. Dann wird die Sekretärin - und Geliebte, wie sich rasch herausstellt - von Frank Rönn tot in seiner Suite im vornehmen Hotel Hilton gefunden. Andreas setzt sich in den Kopf, die Schuld seines Bruders zu beweisen, erst recht, als eines der von Frank Rönn übernommenen Häuser abbrennt und es den Anschein hat, es handle sich um einen Versicherungsbetrug.
In der Folge lässt sich Andreas nach langer Zeit wieder bei einem Familientreffen blicken und brüskiert Eltern, Bruder und Schwägerin voller Elan anhand seiner Erkenntnisse und Vermutungen. Kirsten, die etwas mehr Distanz besitzt und erkennt, dass Frank wohl kaum seine Sekretärin und Geliebte ermordet haben kann, gelingt es nicht, Andreas auszubremsen. Sie möchte den oder die Schuldigen lieber unter jenen suchen, die durch Franks keineswegs lupenreine Aktionen ihr Dach über dem Kopf verlieren werden. Hier gibt es eine ganze Reihe hoffnungsvoller Kandidaten, die aus ihrem Unmut gegenüber der Vertreibung keinen Hehl machen. Eine weitere Spur führt nach Tschechien, denn Unternehmer Frank mit der scheinbar weißen Weste hat am Bau Tschechen zu Spottlöhnen beschäftigt.
Die Wahrheit offenbart sich eher durch Zufall, und plötzlich fügen sich die Puzzleteilchen ineinander.
Oder doch fast alle. Von wenigen Schwächen abgesehen, darunter die nicht ganz überzeugende Auflösung, ist "Häuserkampf" ein rundum gelungener Regionalkrimi: spannend, lebendig, mit gut gezeichneten Charakteren und einem ordentlichen Schuss Lokalkolorit.
Vor allem die Hauptcharaktere treten kraftvoll und glaubwürdig auf: Kirsten, die ihren Lebenspartner liebt und ihn nach Möglichkeit unterstützt, ihn aber vor Unheil bewahren möchte, als sie erkennt, dass er sich in eine fixe Idee verrennt und sich und anderen schaden wird. Andreas, politisch weit links aus aufrichtigem Protest seiner Familie gegenüber, deren verlogenes Leben er schon lange verabscheut, und von der er sich vergeblich zu lösen versucht. Frank, windiger Unternehmer, mit allen Wassern gewaschen und doch im Grunde ein schwacher, armseliger Charakter. Und nicht zuletzt Marion, seine Frau, die erst relativ spät in die Handlung eintritt und dennoch in ihrer ambivalenten Rolle als Ehefrau eines chronischen Pleitiers und Fremdgängers sowie als Mutter überzeugt.
Es gelingt der Autorin jedoch auch, die hilflosen Bewohner der sanierungsbedürftigen Altbauten geschickt und individuell zu porträtieren. Zudem vermag sie es, die unterschiedlichsten Stimmungen eindrücklich darzustellen, wie sie sich der Protagonistin Kirsten in dieser verstörenden Vorweihnachtszeit präsentieren: Grauen, Geborgenheit, Sorge und Neugier in stetem Wechsel.
Die Handlung ist für einen Krimi solide gestaltet: wenige Verdächtige, wenige "rote Heringe". Der erwähnte etwas irritierende Schluss mindert den Gesamteindruck kaum - ein spannendes Leseerlebnis mit Flair und Biss.