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 Das krumme Haus


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Charles Hayward bemerkt erst ganz allmählich, dass er sich in Sophia Leonides verliebt hat. Doch mitten im Krieg, fernab der Heimat und ohne die geringste Kenntnis der Familienumstände Sophias verbietet sich eine Heirat selbstverständlich. Sie verabreden, sich nach Ende des Krieges wieder zu treffen und, wenn ihre Gefühle unverändert sind, zu heiraten.
Doch ihr Wiedersehen steht unter keinem guten Stern. Wenige Tage zuvor ist der Großvater Sophias, der alte Aristide Leonides, ermordet worden. Sophia möchte nicht eher heiraten, bis der Täter, der zweifellos aus der Familie oder der Dienerschaft stammen muss, überführt ist. Sie kann die Ungewissheit, wer von ihren Verwandten den Großvater getötet hat, nicht ertragen. Zudem ermittelt ausgerechnet der alte Herr von Charles in dem Fall. Charles stimmt Sophia zu und beginnt sehr vorsichtig, die einzelnen Familienmitglieder zu befragen. Dabei versucht er, eher als unbeteiligter Bräutigam Sophias denn als Verwandter des ermittelnden Scotland Yard-Beamten aufzutreten. Doch seine Sorgen sind völlig unbegründet. Jeder einzelne der weitläufigen Verwandtschaft sucht das Gespräch mit Charles und schildert ihm seine Sicht der Ereignisse. Nach Meinung der meisten ist die zweite, vierzig Jahre jüngere Frau des alten Leonides oder der in diese verliebte Hauslehrer der Täter. Doch Charles kann das nicht glauben. Er tappt völlig im Dunkeln und erst ein weiterer Todesfall und der Fund eines kleines Notizbuches scheinen für Klarheit zu sorgen. Nur ein Motiv kann Charles nicht ausmachen.

Der 1949 erschienene Kriminalroman "The crookes House", eines der erklärten Lieblingsbücher von Agatha Christie, kommt ohne Poirot oder Miss Marple aus. Und zudem glänzt der "Detektiv" eher durch tumbe und voreilige Schlüsse denn durch Cleverness oder Raffinesse. Doch das Panoptikum an Personen, das Christie in diesem Buch aufmarschieren lässt, ist einfach nur grandios. Eine solche Vielzahl an interessanten Charakteren ist selten und auch die Auflösung kann mehr als überzeugen. Zwar zieht sich die Handlung im Mittelteil der Geschichte ein wenig in die Länge, bis auf belanglose Gespräche geschieht eigentlich nichts, doch muss man im Nachhinein der Autorin große Achtung zollen. So versteckt und so geschickt verborgen hat sie Täter und Motiv in dem Wust an unwichtigen Ereignissen, dass auch der aufmerksamste Hörer nicht entschlüsseln kann, wohin die Geschichte sich entwickelt.

Hinzu kommt der erstklassige Vortragsstil von Hans Eckardt. Er liest das ungekürzte Buch so abwechslungsreich, so in seine einzelnen Rollen versunken, dass man kaum einmal unterbrechen möchte. Er findet für jede einzelne Rolle den richtigen Ton und vermittelt ein lebendiges Bild der Familie. Mehr als einmal bedauert man, den heimlichen Hauptdarsteller, den verstorbenen Aristide Leonides, nicht auch hören zu können.

"Das krumme Haus" ist eine sehr dichte Milieustudie der englischen Nachkriegszeit. Die Geschichte nimmt sich viel Zeit für Details und beeindruckt vor allem durch die akkurat beschriebene Familiensituation. Jedes einzelne Mitglied dieser Sippe wird klar herausgearbeitet und fast lebendig. Dank dem Sprecher Hans Eckardt vergeht dieses Hörbuch wie im Fluge und erweist sich als Perle unter den zahllosen Agatha Christie-Vertonungen.
Einzig das völlig unpassende Titelbild der CD-Hülle enttäuscht. Diese Bretterbude ist zwar krumm, hat aber mit dem riesigen, schlossartigen Herrenhaus der Familie Leonides nicht das Geringste gemein.

Stefan Erlemann



CD | CD-Anzahl: 5 | Erschienen: 01. April 2008 | ISBN: 9783896143846 | Laufzeit: 352 Minuten | Originaltitel: The crookes House | Preis: 23,90 Euro

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