Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Fünf Jahre nach dem "Marsupilami" tauchte in der Zeitschrift "Spirou" ein fauler, aber sehr sympathischer Bürobote auf. Schnell fand Gaston unzählige Fans und bereits wenige Monate später widmete der Zeichner Franquin dem liebenswerten Chaoten eine eigene Serie. Doch seit Jahren sucht man "Gaston" in den Listen der Buchgroßhandelsfirmen vergeblich. Nur wer sehr viel Geld auszugeben bereit ist, kann eines oder mehrere der Hefte erstehen. Doch Juni 2008 geschieht für die Fans des 1997 verstorbenen Franquin und seines berühmtesten Kindes ein Wunder. Der Carlsen-Verlag beginnt mit einer Neuedition der kompletten Serie. Neunzehn Bände à 9,95? sind zwar kein Pappenstiel, aber wer Gaston kennt, wird nicht zögern, zumindest die ersten Comics zu erstehen und dem faulsten Büroboten der Geschichte eine Chance geben.
Es beginnt wie 1957. Umrahmt von blauen Fußabdrücken, findet Gaston seinen Weg in die heiligen Hallen des Verlags Dupuis. Hier arbeiten Fantasio und Spirou, Helden des gleichnamigen Magazins. Doch in Zukunft wird ihre Arbeit einem schweren Handicap unterliegen. Sie müssen die fantastischen, mehr oder minder genialen Erfindungen Gastons ertragen, den Folgen seiner unermesslichen Tierliebe ins Auge sehen und der unkonventionellen Art der Arbeitsvermeidung des Büroboten standhalten. Immer wieder sind es kleinere, wie das Verteilen Hunderter Nussschalen in den Redaktionsräumen, und größere Katastrophen, wie die Explosion der Gasleitungen, weil Gaston ein neues Feuerzeug erfindet, die die Arbeitsabläufe nachhaltig beeinträchtigen.
Dabei kann Gaston eigentlich nichts dafür. Er zeltet nun mal gerne, warum kann er das nicht in seinem Büro üben - inklusive Lagerfeuer. Oder er bemüht sich, alle Scharniere und Drehverbindungen im Büro zu ölen - was kann er dafür, dass die Öl-Tube dem Sekundenkleberfläschchen so ähnlich ist? Und dass die zweitausendfünfhundert sortierten Leserbriefe auf dem Schreibtisch von Fantasio aus dem Fenster fliegen, ist auch nicht seine Schuld, er wollte mit dem Ventilator schließlich dem Kollegen nur etwas Luft zu fächeln.
Kommt der typische Franquinsche Humor auch auf den ersten Seiten eher auf leisen Sohlen und sehr vorsichtig, ist Gaston auf den hinteren Seiten bereits in Bestform. Zwar sind die ersten Strips weniger detailliert gezeichnet als von den späteren Alben bekannt und das Bild des Büroboten prägend, blitzt immer wieder der Humor durch, der Franquin und seine Schöpfung weltberühmt gemacht hat. Der oft hintersinnige, gelegentlich sehr handfeste Witz von Text und Bild funktioniert auch fünfzig Jahre nach der Entstehung bestens. Wer diesem Gaston und seinen wirr-verrückten Versuchen, der Welt mit Erfindungsgeist, Nonkonformismus und gelegentlich sturem Widerstand zu begegnen, nicht sofort erliegt, kann erleichtert aufatmen - er muss nicht fast einhundertneunzig Euro für die Komplettausgabe hinlegen. Alle anderen, und hier wird es sich nach diesem "Debüt" um die große Mehrheit der Leser des ersten Bandes handeln, können sich jetzt schon freuen - ihnen stehen goldene Zeiten bevor. Und die monatliche Erscheinungsweise der Serie verhindert es auch, dass man Gaston vergisst und womöglich einen Band verpasst.
Ärgern wird es nur die Händler der alten Alben - es dürfte dem teils horrenden Preis nicht förderlich sein, wenn die Abenteuer für unter zehn Euro zu haben sind. Zumal die Druckqualität außerordentlich hoch ist und der Paperback-Band einen sehr stabilen und hochwertigen Eindruck hinterlässt.